Das Märchen von Ursel & Annekret

Merkels Mädchen

Wer statt mit Teletubbies mit den schönen deutschen Märchen aufgewachsen ist, den kann das Regierungsgewürge kaum noch schocken. Das „Heute Bäcker, morgen Brauer, alles kann Kramp-Karrenbauer“ kennen wir vom Rumpelstilzchen (Heute back’ ich, morgen brau’ ich). Und spätestens seit Merkel gilt für Regierungsämter eh die Devise „Eine(r) für alles, alles im Eimer“.

 

Auch andernorts greift diese Einstellung um sich. Es ist nicht mehr ausgeschlossen, dass die nächste Darmspiegelung von Fachkräften durchgeführt, das nächste Implantat von ebensolchen eingesetzt, die sich auch nur ein paar Tage in die Thematik, manche gar erst in die Sprache einarbeiteten. Und der Spiegel stellte einen notorischen Märchenerzähler als Reporter ein.

Apropos: Geschmeidig muss der Lohnschreiber sein, geschmeidig und schnell. Mit den Worten „Niemand ist geeigneter für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin als von der Leyen“ erfüllte der Bild-Chef seine Pflicht. Die Welt wollte wenigstens nicht unterschlagen, dass Uschi „in Berlin gescheitert“ ist, aber sie sei, schrieb die Autorin pflichtgemäß, „für Brüssel die Richtige“. Für die vielen Leser, die das Hosianna nicht auf Anhieb mitrufen wollten, stand über den Kommentaren der klare Hinweis: „Kurze Durchsage: Wer Ursula von der Leyen beleidigt oder diffamiert, wird gesperrt.“

Unsere regierungsnahen Medien sind sich einig, die unsägliche Ursula sei die beste Europäerin überhaupt für ihr neues Amt, ihr Deutschsein würde sie bestimmt an der Brüsseler Garderobe abgeben, und außerdem sei als Frau per se überqualifiziert. Dabei kämen unsere regierungsnahen Medien nicht im Traum darauf, dass sie regierungsnah sein könnten. Denn dieses in der Tat dem wahren Journalismus abträgliche Attribut haben sie für die in ihren Augen nicht ganz so demokratiekonformen Nachbarn reserviert: „In den regierungsnahen Medien (Polens) hieß es vor allem, die Nominierung und Wahl der deutschen EU-Kommissionspräsidentin sei ein ‘Erfolg Polens‘“. Die des Kopfrechnens noch mächtigen deutschen regierungsnahen Journos müssen zerknirscht akzeptieren, dass ohne die Stimmen der 26 Polen und die der 13 Ungarn der Fidesz-Partei für Ursel eine andere Verwendung hätte gefunden werden müssen.

Auch über Annekret, das zweite Stöckchen, sprangen die journalistischen Hindernisläufer mit Bravour. „Dass sie fachlich in der Lage wäre, bezweifelte niemand“, jasperte ein FAZ-Autor, schließlich habe „die ehemalige Ministerpräsidentin im Saarland sämtliche Ressorts (bis auf das Gesundheitsministerium) beackert.“ Heute back’ ich, morgen brau ich’...

Die Süddeutsche durfte da nicht nachstehen und sieht Annekrets neues Amt als Sprungbrett: „Nun muss Annegret Kramp-Karrenbauer aus eigener Kraft beweisen, dass sie zur Nachfolgerin im Kanzleramt taugt.“ Als sei sie Helmut Schmidt, der einzige Verteidigungsminister, der auch Kanzler konnte. Und der dazu noch Oberleutnant im Krieg und später gar Hauptmann war. Ohne das Gemaule eines ganz anderen Offiziers wären wohl nur Vorschusslorbeeren für Annekret verteilt worden. „Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?“, fragte Oberstleutnant a. D. Uwe Junge in einem Tweet zu AKK. Und weil Junge bei der AfD ist, wurde damit aus Sicht der Regierungspresse „eine rote Linie überschritten“. Das fanden jedenfalls die Kronzeugen, der Twittergreis Ruprecht Polenz (CDU) und einige kenntnisfreien Genossen.

Was sagen Sie? Die FDP und ein paar Grüne hätten ebenfalls gemault? Nicht wirklich, sie haben sich nur bei der Bild-Zeitung anheischig gemacht, die ein wenig beleidigt war, weil Annekret noch vor zwei Wochen vor einem Bild-Reporter einen Regierungseintritt kategorisch ausgeschlossen hatte. Wie steht denn Bild jetzt da?

P.S. Wichtigste Frage: Nimmt Ursel McKinsey mit nach Brüssel? Sonst ist sie ja völlig hilflos...

 

Tag 16 der SPD-Chefsuche.

Stumm und starr stehen sie da, die Genossen. Ganz schwindelig von Merkels Scharaden. Warum schiebt Ihr nicht Katharina Barley nach vorne? Die kann doch auch alles und noch viel mehr....

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