Ohne Anspruch auf Vollständigkeit überfliegen wir Angela Merkels Auftritt im Berliner Ensemble, also quasi unter Freunden. Damit auch Sie später sagen können: Ich bin irgendwie dabeigewesen.
Kein Satz ohne ähm und ähs, keine Frage ohne lange, serpentinenartige Anfahrtswege – Alexander Osang mag in seinen Aufsätzen (für Spiegel u.ä.) durchaus formulieren können, Interviews führen kann er nicht. Wohl deshalb fühlte sich Doktor Angela Merkel sichtlich wohl beim Gespräch. Außerdem schaffte es der Interviewer, und damit würde er sogar perfekt in die Journotruppe beim Staatsfunk passen, die einzig brennende Frage nicht zu stellen, auf die es unseren Meinungsmachern ankommt, wenn wir das Gepolter der hiesigen Ukraine-Unterstützungs-Presse richtig verstehen.
Als sanften Einstieg zur Merkel-Seelenmassage fragte Osang allen Ernstes: „Wie halten Sie sich auf dem Laufenden?“ Als wäre ein Leben ohne Pressemappe eines in tiefer Dunkelheit, und als gäbe es in ihrem pommerschen Wahlkreis, wo sie urlaubte, kein Internet (Frage an Manu Schwesig: Gibt’s da oben Internet?).
Jedenfalls hat Dr. Angela Merkel mitgekriegt, dass Putin in die Ukraine einmarschiert ist, und sie hatte es schon vorher geahnt, denn es sei „völlig klar, dass Putin das (eine Ukraine Richtung Nato-Mitgliedschaft; der Zusammenfasser) nicht geschehen lässt“. Was wohl auch Washington völlig klar war, was wiederum zur Frage führt… aber bleiben wir bei den komischen Zwei.
Ob Putin „gewartet hat, bis sie weg waren“, schmiert er ihr wie Honig aufs Brot, dazu fiel Merkel ausnahmsweise gar nichts ein. Über die fatalen Fehlentscheidungen 2015, „als so viele Menschen zu uns kamen“ (die für immer bleiben dürfen, ob sie arbeiten oder nicht, ob die Kriege beendet sind oder nicht) fiel Osang wiederum nichts ein.
Offenbar hatte Osang zuvor den berüchtigten Melnyk um Fragen gebeten, und diese ausgesucht: „Sie haben es (den Krieg) überhaupt erst möglich gemacht, was sagen Sie dazu?“ Minsk, sagt Merkel heute dazu, Minsk mit Emmanuel Macron, leider gescheitert.
Hat sie an Wandel durch Handel geglaubt, fragt sie sich dann gleich selber, und antwortet: „Wenn es schon politisch nicht geht...“ „Und man wird auch in Zukunft Russland nicht von der Landkarte streichen können.“
Übrigens: Hier sind wir mit Merkel einer Meinung, und wir wollen nicht ins Verschwörungstheoretische abgleiten, aber zwischen den Zeilen konnten wir deutlich heraushören, dass der Krieg in der Ukraine viele Väter hat. Auch die Euphorie der Pressbengels und mancher Politicos von der demokratischen, EU-tauglichen Ukraine mag sie nicht teilen. Die Ukraine sei „kein wirklich demokratisches Land“, „damals von Oligarchen beherrscht“. Aber jetzt, unter Selenskyj, ist natürlich alles ganz anders. Irgendwie. (Sie lächelt.) Dumm ist sie nicht.
Ein einziges Mal stellt Osang eine Frage, die nicht um den Damenbart geht, sondern um „die verlotterte Bundeswehr“. „Haben Sie gedient?“ kommt schlagfertig, aber Osang kommt wie Merkel aus der Täteretä, da war die Jugend nicht so verlottert. Sie habe Stunden ihres Lebens damit verbracht, der SPD zu erklären, dass die Bundeswehr bewaffnete Drohnen brauche, „aber leider vergeblich“. Und es folgen noch ein paar Zahlen, die belegen sollen, dass sie nichts habe verlottern lassen.
Und dann – ein paar Dönekes später – ging sie wieder, um „in die europäische Geschichte tiefer einzudringen“, weil sie zu Amtszeiten aus Zeitmangel nur durch viele „Ausstellungen huschen“ konnte. Die USA werden jedenfalls froh sein, dass sie statt Merkel nun ihre Annalena haben.