Unanständig bis ins Mark

Der Bundestag der Schande

Als hätte es eines weiteren Beweises bedurft, zeigte der Bundestag heute welchen Geistes Kind er ist. Seit Jahren verhöhnen die Abgeordneten in ihrer Mehrheit die Worte, die über dem Eingang stehen („Dem deutschen Volke“), bei wichtigen Entscheidungen lassen sie sich von Zuchtmeistern als billiges Stimmvieh durch die Manege führen, verteidigen die deutsche Freiheit und Demokratie in Afghanistan und treten sie in Deutschland mit Füßen.

Jede Fraktion stellt einen Vizepräsidenten, so die Regel, nicht, weil so viele Vize-Präsidenten notwendig wären, sondern damit jede Partei die Möglichkeit hat, einen der ihren mit einem Posten und etwas Prestige zu versorgen. Jede Fraktion? Nein, die größte Oppositionspartei wird von der Regel ausgenommen. Weil eine echte Opposition nicht erwünscht ist, wie bei einem afrikanischen Potentaten. (China kennt erst gar keine Oppositionspartei, daher haben die Chinesen solche Probleme nicht.) Denn bei uns gilt, ob schwarz, ob rot, ob gelb, ob grün, sie alle sind vom selben Stamm, der das Land unter sich aufgeteilt hat. Sie hocken im Fernsehrat, bei der Stadtsparkasse, bei der Energieversorgung, überall, da, wo es etwas abzugreifen geht. Der arme Wähler bekommt dieses so perfide wie perfekte System gar nicht erst mit – es sei denn, dummes Verhalten wie das heutige lenkt die Scheinwerfer auf den Selbstbedienungsladen.

Die AfD hatte die Rechtsanwältin Marianna Harder-Kühnel als neue Kandidatin für die Vizepräsidentschaft aufgestellt. Bürgerlich, aus der Mitte der Gesellschaft. Aber die anderen Parteien verweigerten ihr die Zustimmung – ohne ein einziges vernünftiges Argument. Glaubt jemand, Claudia Roth sei wegen ihres Verstandes oder exquisiten Modegeschmacks zur Vizepräsidentin gewählt worden? SPD-Oppermann und CDU-Schäuble (sogar ohne „Vize“) wurden auf diese Position entsorgt, Kubicki (vergeblich) abgefunden. Aber der Bundestag entschied zur AfD-Kandidatin: Du nicht. Sie erhielt nur 199 von 665 abgegebenen Stimmen. 423 Abgeordnete stimmten mit Nein, 43 enthielten sich der Stimme.

Die Mauermörder-Partei, die Partei des grassierenden Wahnsinns, die Dummbeutel-Partei, die Partei der Schleimigen und der Blinden verweigerten in der Mehrheit den Neuen ihren „rechtmäßigen“ Platz am Tisch.

Und es melden sich die üblichen Verdächtigen auch noch lautstark zu Wort. Ausgerechnet Karl „die Fliege“ Lauterbach hielt „diese Bewerberin nicht für geeignet“. Karl, bei dem sich eine seiner Ex-Frauen, immerhin eine Medizinerin, schon vor Jahren in der „Bunte“ sorgte, sie hielte „es für bedenklich, was in seinem Kopf vorgeht“. Quod erat demonstrandum. Wie sich Cem Özdemir und Konsorten für ihr undemokratisches Verhalten entschuldigen, wollen wir an dieser Stelle niemandem zumuten.

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