Maskenraffkes: Advocatus Diaboli hat das Wort

Bei Maischberger

Das Fernsehgericht tagte wieder einmal. Vorsitz hatte Richterin Maischberger (qualifiziert laut Wikipedia durch ein 3-tägiges Schnell-Studium der Kommunikationswissenschaften), die Anklage vertraten Schauspieler Sittler und die staatlich alimentierte Kommunikationsexpertin Hamberger. Die Angeklagten Nüßlein und Löbel waren nicht zugegen. Ebenfalls nicht zugelassen: die Verteidigung. Also wollen wir hier das Plädoyer des berühmten Advocatus Diaboli nachreichen...

Die Verteidigung hat das Wort
Als Advocatus Diaboli: Peter Schweizer

Gestern Abend hatte Frau Maischberger wieder einmal die guten Menschen dieser Welt versammelt, und gemeinsam regte man sich über die „Masken-Raffkes“ aus der Unions-Fraktion auf. Diesen schönen Begriff hat die Bild für jene (vorerst) zwei Abgeordneten geprägt, die für das Vermitteln von Aufträgen zur Beschaffung von Mund-Nase-Bedeckungen, die bestimmten Normen genügen, von den liefernden Firmen sechsstellige Provisionen einsteckten. So weit so gut. Der Schauspieler Walter Sittler jedenfalls sah die Verrohung der Sitten inzwischen soweit gediehen, dass Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) vielleicht gar nicht bewußt gewesen sei, falsch gehandelt zu haben. Und Katharina Hamberger, beim Deutschlandfunk auf der öffentlich-rechtlichen Payroll, griff auf den alten Journi-Trick zurück, mit dem raunend ein Unterschied zwischen legalen und legitimen Verhaltensweisen herbeiphantasiert wird. Dem am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden normalverständigen Menschen erschließt sich trotz des erhobenen Zeigefingers indes nicht, warum die Provision für die Vermittlung einer Hotelbuchung im Reisebüro oder bei booking.com anders beurteilt wird als das Entgelt für den Nachweis einer Kaufmöglichkeit für Atemschutzmasken. An der relativen Höhe kann es nicht liegen – da liegt Booking mit bis zu 20 Prozent ziemlich weit vor Löbel und Nüßlein. Oder geht es um die absolute Höhe?

Gucken wir uns das „Fehlverhalten“ etwas genauer an. Seit Immanuel Kant gehört zum aufgeklärten Wissen, dass nicht jeder Mensch über die Stärke verfügt, seinen eigenen Maßstäben gerecht zu werden, und der moralische Kompass auch bei Abgeordneten gerne einmal verrutscht. Gut ist vor diesem Hintergrund, dass wir seit Adam Smith gewiss sein können, dass man sich um die moralische Festigkeit des Einzelnen gar keine Gedanken machen muss.

Dem schottischen Moralphilosophen und Begründer der klassischen Nationalökonomie war nämlich aufgefallen, dass das Streben nach Eigennutz jedes Einzelnen am Ende zum höchsten Nutzen der Gemeinschaft führt: „It is not from the benevolence of the butcher, the brewer, or the baker that we expect our dinner, but from their regard to their own self-interest. We address ourselves not to their humanity but to their self-love, and never talk to them of our own necessities, but of their advantages.“ Dabei hatte er eine kleine Nebenbedingung formuliert: Metzger, Brauer und Bäcker müssten im Wettbewerb zueinander stehen; denn nur dann befänden sie sich nicht in einer Position, in der sie die vielen, ihre Waren gleichzeitig nachfragenden Konsumenten, ausnutzen könnten.

Diese Erkenntnis hat das Zusammenleben ungeheuer vereinfacht. Der Staat muss den Menschen nicht mehr erklären (oder vorschreiben) wie sie sich „richtig“ zu verhalten haben, es reicht, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass trotz – vermeintlich falschen Verhaltens – das Richtige dabei herauskommt. Der Leitsatz für ein funktionierendes Gemeinwesen ist also simpel: Je besser die Institutionen, desto größer das Wohlergehen jedes Einzelnen.

In all ihrer Entrüstung geriet der Maischberger-Runde dann der eigentliche Mißstand aus den Augen. Offensichtlich sind für die Masken viel zu hohe Preise gezahlt worden – was man so hört, bis zum Dreifachen des damaligen Marktpreises. Mich als braven Steuerzahler regt deshalb nicht die Tatsache auf, dass Löbel und Nüßlein Provisionen kassiert haben, sondern dass in den Beschaffungsämtern der einschlägigen Ministerien offensichtlich Pfeifen sitzen, die die Preise nicht recherchieren und mit dem Erstbesten einen Abschluß herbeiführen.

Da ist entweder Unfähigkeit oder Unwillen am Werk. Die Unfähigkeit, ein paar Telefonate zu führen, kann es eigentlich nicht sein. Also ist es wohl der Unwillen, sich mit der Thematik näher zu befassen.

Vor dem Hintergrund, dass der Beschaffer nicht sein eigenes, sondern fremder Leute Geld ausgibt, kommt einem wieder die Institutionenökomie in den Sinn.

Der aufzuarbeitende Skandal liegt aus Sicht des Steuerzahlers nicht darin, dass Provisionen gezahlt wurden, sondern dass aufgrund eines Politik-/Institutionenversagens weder recherchiert noch verhandelt wurde, sondern Mondpreise gezahlt wurden.

Berlin, we have a problem.

 

3 comments

  1. Frank Danton 11 März, 2021 at 18:38 Antworten

    Das eigentlich Famouse dabei ist und bleibt, das all die überteuerten Strassenbau-, Flughafen-, Bahnhof-, Verkehrsberuhigungs-, Energie-, Einwanderungs-, Bürokratieabbau-, Prestigebau-, Brückenbau-, NGO-, Gegen-Rechts-, Masken- und Impfprojekte nicht nur ein vielfaches dessen kosten was ein vernünftiger Mensch dafür zahlen würde, sondern das es in der Politik mitlerweile zum Stallgeruch gehört sein Versagen monströs vor sich herzutragen. UvdL war hierfür die Initialzündung. Früh Geadelt und mit dem Ritterschlag bedacht hat sich die Großkopferte mit nichts als Versagen und Korruption der Kaiserin angedient. Ihren Aufstieg in die höhere Aristokratie haben sich alle Parteien zum willkommenen Vorbild genommen. Es herrscht intellektueller Inzest. Es ist nicht das erste mal das die Lehnsleute in Armut und Anarchie versinken während man im Elfenbeinturm mit Inbrunst der Degeneration fröhnt. Das Problem sind wahrlich nicht die zwei Maskenhansel der CDU. Sie sind die Symptome von Arroganz und Dummheit, in einem EU-weiten Moloch der geistig-moralischen Verkommenheit.

  2. Münsteraner 11 März, 2021 at 22:49 Antworten

    Ich hörte von jemanden in meiner Nachbarschaft, dass die Ärzte, die in Münster im Impfzenzrum arbeiten, 185 Euro Stundenlohn erhalten. Öffnungszeiten von 14 bis 20 Uhr, macht mindestens 6 Stunden Arbeitszeit und ergibt dann mindestens 1110 Euro Brutto, für einen einzigen Arbeitstag. Die Spritze, die eine Nachbarin erhalten hat, hat dann aber eine unerfahrene Medizinstudentin gespritzt. Möchte gar nicht wissen, was die für einen Stundenlohn hat.

    Ich hätte Arzt werden sollen.

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