Der Schlossherr und der Ölprinz

Frank-Walter erinnert wieder – Buben mit Macheten –
Bayerische Beerdigung – Virologen Hoch-Zeit

In Wien woarns Shoppen (laut EU-Chefin Merkel verboten!), im überfüllten deutschen ICE drängeln sie sich auf den Gängen (erlaubt!). Und morgen, Kinder, wird’s Antwort geben: Schule auf, zum vorwärts Streben? Oder bleibt ihr alle kleben? Aber wer braucht schon Schule? Man kann auch von Frank-Walter einiges lernen...

Der Schlossherr und der Ölprinz

Auch wenn Frank-Walter aus Detmold im Schloss Bellevue residiert, so ist er doch Genosse und Mensch geblieben. Und seinem ehemaligen Chef Gerd (Schröder, für zu spät Geborene) konnte und wollte er den Wunsch nicht abschlagen, ein paar präsidiale Worte zum hoffentlich baldigen Abschluss von North Stream 2 an die Völker dieser Erde zu richten. Außerdem gehört der Gerd als Ölprinz wie Frank-Walter der Klasse der Nouvelle Noblesse an, und Adel verpflichtet, auch im Sozialismus.

Also ließ el Presidente schnell im Textbausteinkasten wühlen, wo sich jedoch zum Thema „Februar“ nichts historisch Passendes finden ließ, deshalb nahm Frank-Walter den Juni und erinnerte (Frank-Walter liebt das Erinnern) „an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg, der sich am 22. Juni zum 80. Mal jährt“. Und wegen dieser „historischen Dimension“ (Frank-Walter liebt historische Dimensionen!), die er stets im Blick behalte, müsse die Pipeline auf jeden Fall gebaut werden. Als eine Art letzte verbliebene Brücke zwischen Russland und Europa. Man spürt geradezu die Ergriffenheit, die Frank-Walter selber ergriffen hat, beim Vortrag dieser ergreifenden Worte.

Nun ist Bildung ein kostbares wie rares Gut, historische Bildung so selten wie rosa Diamanten, weshalb sich der politmediale Komplex mit ein paar grundlegenden Axiomen zufrieden gibt, quasi als Modeschmuck. Kurz: Hier Nazis und Deutsche (Synonym), dort Freiheit und sowjetisch-sozialistische Brudervölker. Aber die Geschichte bleibt nicht stehen, was man an den Ukrainern sieht.

Deren Berliner Botschafter Melnyk ließ sich wehklagend vernehmen: „Die Äußerungen von Bundespräsident Steinmeier haben uns Ukrainer tief ins Herz getroffen.“ „Hä?“ hören wir Frank-Walter im Schloss. Was? Wie bitte? Das Gejammer des Ukrainers stößt jedenfalls im Schloss auf „völliges Unverständnis“.

Weshalb Melnyk sich bemüßigt fühlt zu erklären: Es sei zynisch, „gerade in dieser Debatte die Schrecken der NS-Terrorherrschaft ins Spiel zu bringen und dazu noch die Millionen sowjetischen Opfer des deutschen Vernichtungs- und Versklavungskrieges ausschließlich Russland zuzuschreiben.“ Will sagen, auch Ukrainer zählten zu den „sowjetischen Opfern des deutschen Vernichtungs- und Versklavungskrieges“, und die Ukrainer wollen North Stream 2 nicht, weil die Pipeline die Ukraine umgeht.

Nun könnten Spitzfindige im Bundespräsidialamt auf die 14. Grenadier-Division der... , aber lassen wir das, da kommt man nur durcheinander.

 

Gestern haben wir es vergessen „mitzunehmen“, dabei sind wir doch kosmopolitisch:

Weil der Sith Lord Joe „Deaf“ Vader den Jedi Donald Trump von jeglicher Kommunikation abgeschnitten hat, veröffentlichen wir, was Donald seinem Kumpel Tom Brady zum Super-Bowl-Sieg getwittert hätte, wenn er noch twittern könnte: Huuuge! Congrats. You won in a landslide. Like I did.

 

Aus den Provinzen: Bayerische Beerdigung und Mannheimer Buben

Auch im strengen Söderland triumphiert manchmal noch das Menschliche über das Regime von Maggus, dem Ersten und Letzten. Im kleinen Kaff Rain erhielt Bürgermeister Karl Rehm, der Held unserer Geschichte, einen dringenden Hinweis der örtlichen Polizeidienststelle: Mindestens 100 Trauernde (manche Quellen schreiben bis zu 400) aus der ganzen Republik auf dem Friedhof, obwohl auf allerhöchste Anordnung nur 25 erlaubt sind. Was tun? Eingreifen? Abführen? Einsperren?

Da hat Karl Rehm kurz nachgedacht („auch als Christ!“) und schon war die Lösung gefunden: Ausnahmegenehmigung, denn schließlich handelte es sich ja „um eine Trauerfeier, keine Party“ (wie sonst auf bayerischen Friedhöfen üblich). Halleluja! Oder...?

 

Ebenfalls nur von regionaler Bedeutung waren die 15 bis 20 „Teenies“, „Buben“, „Kinder und Jugendlichen“ (Regional-Presse) im Alter zwischen 12 und 16 Jahren, bei denen die Polizei in Mannheim Messer, Schlagstöcke, einen Schlagring sowie eine „beidseitig geschliffene Machete“ beschlagnahmte.

Hatten die „Jugendschutzstreifen mit Jugendsozialarbeitern der Stadt Mannheim“ an bekannten Treffpunkten „erlebnisorientierter Jugendlicher und Heranwachsender“ etwa Corona-frei?

 

Über die Geburtstagsparty einer 19 Jahre alten Aachenerin mit 26 Gästen in einer angemieteten Ferienwohnung in Köln wurde hingegen bundesweit berichtet. Eine Logik ist das...

 

Virologen Hoch-Zeit

Der Virologe Hendrik Streeck erlaubte sich ja in letzter Zeit das ein oder andere Widerwort zu Jens Spahns großartiger Corona-Politik. Nun hat der Jens dem Mann vom Hendrik, Paul, einen Top-Job im Gesundheitsministerium gegeben. Damit dürfte dann ja wohl hoffentlich Schluss sein mit dem Gegenreden. Nun bleibt nur noch Alexander Kekulé (mit Accent auf dem „e“) aus der Schar der TV-Wirrologen, der Sätze sagen wird wie „Ausbrüche erklären sich zu 90 Prozent mit schlechtem Corona-Management“.

Irgendwie gehört der Kekulé wohl nicht richtig dazu...

 

Illustration: adborsche

9 comments

  1. Eugen Richter 9 Februar, 2021 at 20:20 Antworten

    Den muss ich zum 22.6. los werden, auch wenn das nicht der hochoffiziellen und politisch korrekte, reingewaschnen Geschichtsverklitterung gehört. Die Wehrmacht kam den Sowjets einfach um 4 Wochen zuvor und drehte den Spieß um. Geholfen hat es nicht. Aber es zeigt, dass es sehr selten in der Geschichte ein schwarz-weiß gibt, rot-braun, rot-grün jedoch umso mehr.

  2. Icke 9 Februar, 2021 at 22:31 Antworten

    Herrlich!

    Ein kleiner Tipp zur Auswahl der Hashtags für die Beiträge bei Twitter.

    Eigenkreationen sind stets begrüßenswert, erreichen aber nur einzelne.
    Wirklich!

    -#BayerischeBeerdigung #BubenMitMacheten #FrankWalterErinnertWieder #SpaetNachrichten #StephanPaetow #VirologenHochZeit-

    Vorschlag:
    Stets gut & breit besuchte Hashtags wählen und/oder (eine) Ihre(r) schönen Formulierungen aus dem Text, quasi als Vorspeise, prominent im Kopf des Tweets unterbringen.
    Ein bisschen was Buntes dazu, wie bspw. Emojis, sind dabei durchaus zielführend.
    Das führte dann zwangsläufig zu einer Eigendynamik, die jetzt ein stets wachsendes (Follower)Publikum zu einem zweiten und dritten Blick (ver)führt.
    Und das hat Ihre Kolumne zweifellos mehr als verdient.

    Beispielhashtag: #Merkel.

    Ich wünsch mir doch, dass Ihre entzückenden Kreationen und famosen Formulierungen ein möglichst breites Publikum erheitern dürfen, gelle!??

    Gelächter und Schmunzeln sind doch in unseren Zeiten ein allzu rares Gut und da kommen Sie doch gerade richtig. 😉

    • Stephan Paetow 9 Februar, 2021 at 22:35 Antworten

      Ich danke Ihnen! Dieses Internet ist für mich immer noch ein Brief mit drei Siegeln. Aber wenn ich sehe, wie selbst mein alter Chef Markwort damit umgeht (demnächst gibts seinen berühmten Stammtisch auf Youtube), muss ich mich wohl etwas professionalisieren..

  3. G. Hansemann 9 Februar, 2021 at 22:48 Antworten

    Schwul müsste man sein. Dann stünde einem die Politik offen. Schauspielende haben es da schon schwerer (siehe die 185 sich in der SZ geoutet habenden Schauspielenden). Das Leben ist so ungerecht!

  4. Hand Haschke 10 Februar, 2021 at 09:33 Antworten

    “Damit dürfte dann ja wohl hoffentlich Schluss sein mit dem Gegenreden.”
    Sehr dezent formuliert, welche Gefahren von solchen Verbindungen ausgehen.
    Ich bin zum einen erstaunt darüber, dass Streeck auch mit einem Mann verheiratet ist, zum anderen wundert mich diese Connection zu dem ebenfalls mit einem Mann verheirateten Spahn. Naja, eigentlich wundert mich das dann doch nicht so sehr. Im Moment scheinen wir vor allem von Frauen- und Schwulen-Netzwerken “regiert” und dirigiert zu werden.

    • Hans Haschke 10 Februar, 2021 at 10:35 Antworten

      Tut mir leid, dass ich mich bei meinem Namen um einen Buchstaben vertippt habe. Eigentlich heißt mein Pseudonym mit Vornamen “Hans”.

  5. W. Hoffmann 10 Februar, 2021 at 10:10 Antworten

    Zur politmedialen Nouvelle Noblesse: vermuten Sie nie Bildung, wo doch Perfidie völlig ausreicht. Und für den Kekulé findet sich sicher auch noch ein äußerst lukratives Maulkörbchen.

  6. ETIAM SI OMNES, EGO NON 10 Februar, 2021 at 14:07 Antworten

    Lieber Herr Paetow,

    weil man zur Genüge weiß, welches Gschwerl sich dort vorwiegend tummelt, teile ich generell Ihre Abneigung gegenüber der Nutzung der asozialen Medien.

    Wenn man aber wie Sie wegen Ihrer anspruchsvoll süffisanten Genderpunktanspielung auch noch zum Shitstormopfer der Feminismusikon*innen Sawsan und Dorothee geworden ist, empfehle ich Ihnen schon, besser weiterhin die Finger von diesem Milieu zu lassen und uns Ihre geistreiche Kommentierung des unsäglichen Politikgeschehens exklusiv in den Spaetnachrichten zukommen zu lassen!

    Sonst müssten wir uns ja in den Schmodder begeben …

    Apropos Hobbyhistoriker Frank-Walter: Vergleichende Völkermordhistoriker könnten ihm sicher das Datum nennen, an dem die freiheitlichen und friedliebenden Sowjetrussen sich die gerade wenige Monate dem polnischen Joch entkommene Ukraine einverleibten und in der Folge mehrere Milionen Bewohner verhungern ließen.

  7. Romi 12 Februar, 2021 at 18:48 Antworten

    Also, ich verstehe gar nicht, wie man angesichts der Beerdigung in Bayern auf seltsame Gedanken kommen kann. Da wurde doch Ottilie Mayer (vielleicht war es auch Kreszentia Huber) beerdigt. Ihre zahlreichen Nachkommen nebst Großneffen und -nichten ließen es sich nicht nehmen, beispielsweise auch aus dem Allgäu anzureisen. Und nur weil man weiß, daß bei diesen wilden Bergvölkern die Messer in der Lederhose locker sitzen, wollte der Bürgermeister eine Eskalation verhindern …

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