„Ich bin doch nur der Markus“

Das vergebliche Verhör von Teflon-Söder

Söder ist überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Laschet hatte vor zwei Wochen bei Maischberger beklagt, bei jedem Vorwurf hätte Söder gesagt, er sei es nicht gewesen. Natürlich könne er verstehen, dass Laschet „ein Stück weit enttäuscht“ sei – vom Ergebnis, nicht von ihm.

Ob Sandra Maischberger ernsthaft geglaubt hat, dass Dr. Markus Söder angesichts seines umfangreich dokumentierten Corona-Missmanagements betroffen das Haupt senkt und ‚tschulligung murmelt, wissen wir natürlich nicht. Jedenfalls war sie gut vorbereitet und feuerte die Fragen ab wie ein Kriminalkommissar, der Fingerabdrücke seines Pappenheimers und jede Menge Indizien vorweisen kann. Aber damit kriegt man einen Söder nicht. „Im Sommer hat das RKI ein zehnseitiges Warnpapier veröffentlicht, und Sie machen im Oktober die Diskotheken auf – war das ein Fehler?“

„Frau Professor Protzer und Professor Kekuhl haben was anderes gesagt“ (wahrscheinlich meint er Ulrike Protzer-Knolle und Alexander Kekulé), so Söder, dann hätte „unser Freund Jens Spahn“ (nicht ernst gemeint) vom Ende der epidemischen Lage gesprochen. Außerdem waren wir „die letzten“, die geöffnet haben, und er wurde „von „Süddeutscher“ und „Welt bedrängt“.

Und noch außerdemer sind doch diese Bayern schuld! 4,9 von 9 Millionen Bayern seien noch nicht geimpft! Das liegt doch nicht an ihm, dem Markus! Das liegt doch daran, dass „wir in Bayern diese Querdenker haben, und diese Reichsbürger und Esoteriker!“ Und dann noch die Witzbolde! Im Brauhaus sitzen und anstoßen aufs 3G (gebraut, gezapft, getrunken) – das sind die Probleme!

Da will die Sandra kurz einhaken, und Söder sagt „sehr gerne, Frau Maischberger“. „Sie wollen doch nicht allen Ernstes sagen, dass Sie alles richtig gemacht haben?“ Eigentlich schon. Zuletzt hatte sich Armin Laschet bei Maischberger über Söders Lumpereien während des Wahlkampfs beklagt, der dann noch bei jedem Vorwurf gesagt hatte, er sei es nicht gewesen. Laschet: „Es war immer jemand anderes.“

„Das ist eine Stilfrage, aus vertraulichen Gesprächen nicht zu zitieren“, keilt der Keiler zurück, und Maischberger meint, genau um Stilfragen ginge es ihr. „Ich versteh gar ned das Problem“, sagt Söder. „Historisch gesehen“ sei er überhaupt der freundlichste CSU-Chef der CDU gegenüber, „sehr, sehr engagiert für Armin Laschet“ (Gelächter im Publikum), aber natürlich könne er verstehen, dass der Kandidat „ein Stück weit enttäuscht“ sei – vom Ergebnis, nicht vom Kameraden Söder.

Entnervt fasst Maischberger zusammen: „Sie machen nie was falsch, immer die anderen. Wie der Kaiser Franz Beckenbauer.“ Der Vergleich gefällt ihm, auch wenn er bescheiden einwirft: „Der Kaiser ist der Kaiser, und ich bin nur der Maggus.“ Nun also voran beim Kampf gegen Corona! „Es gibt eine Menge zu tun, die Sache galoppiert“, aber seine mobilen Impfteams sind unterwegs. Und er, Söder, weiß sich nicht allein, denn „wir sind hier unter engagierten Demokraten“.

In der Tat, ein Moderator Micky Beisenherz ist für die Impfpflicht, „sind ja nur 10 Prozent Querdenker“, und Freiheit wird allgemein überschätzt. Dagmar Rosenfeld (Welt) sieht das etwas differenzierter, Ungeimpfte seien nicht das alleinige Problem, und sie verweist auf „Israel, wo von 9 Millionen 4 Millionen geboostert seien und die vierte Welle gebrochen“. Worauf Beisenherz noch weitere Modellstaaten (Portugal, Spanien) anführt – Schweden, Florida und Texas passen wohl nicht ins große Ganze.

Alle drei stimmen allerdings auch in ihrer grundsätzlichen Kritik an der politischen Verantwortungsgemeinschaft überein – das verlangt der Beruf! – und die ARD-Frau Julia Kurz findet das schöne Wort „Verantwortungsdiffusion“ dafür. Wie leicht sich doch Unentschlossene zur Spritze des Lebens überreden lassen, zeige doch Thüringen (oder war’s Sachsen?), wo vielen eine freie Bratwurst als Argument ausgereicht habe. Stattdessen setzt Jens Spahn auf Howard Carpendale.

Was uns zum letzten Gast der Sendung führt: Roland Kaiser, 70, „geboostert, keine Langzeitwirkung“. Sein Konzertpublikum im Oktober, gut gelaunt und maskenfrei, sei „überwiegend 2G“ gewesen, und nein, auf der Bühne habe er keine Angst gehabt, sich anzustecken. Wer mehr über das traurige Schicksal (es führte ihn schnurrstracks zur SPD) „des erfolgreichsten deutschen Musikers“ (ZDF: 90 Millionen verkaufte Tonträger) erfahren möchte, sollte seine Biografie kaufen; in der Sendung war nur wichtig, dass er sich in Dresden heldenhaft gegen Pegida geäußert und sich mit fast allen führenden SPD-Politikern getroffen hatte.

Für die Zuspätgeborenen wurde dann kurz Kaisers größter Hit eingeblendet. „Santa Maria“, besang der junge Roland seinerzeit, „eine Insel, die aus Träumen geboren“ und was dort passiert ist, geht so: „Nachts an deinen schneeweißen Stränden, hielt ich ihre Jugend in den Händen.“ Während wir mitsummten und nach 40 Jahren zum ersten Mal darüber nachdachten, was der Roland da in seinen Händen gehalten haben könnte, fing Maischberger allen Ernstes eine Woke-Debatte an: „Das würden Sie heute wohl nicht mehr schreiben, oder?“ Eigentlich sollte es um ein Schiff gehen, aber nach zwei Flaschen Rotwein…

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