Professor Drosten
und die Schwarzwaldklinik

plus: „Bild“ erkennt Merkels Starrsinn

Das hat er jetzt davon, der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité. Gestern noch ein anerkannter Wissenschaftler, der sich auch mal irren kann (wie bei der Schweinegrippe, die er damals für mindestens so gefährlich erachtete wie nun Corona) – heute schon für den Staatsfunk der perfekte Ersatz für ihren verblichenen Professor Brinkmann von der Schwarzwaldklinik.

In seiner erstaunlichen Naivität hat Professor Drosten nicht mal geahnt, was auf ihn zukommen würde, als er zum ersten Mal als Corona-Mann in eine Talkshow kam. Sein Vater habe ihn im Fernsehen gesehen, berichtete er in seinem schnell folgenden zweiten Talkshow-Auftritt noch stolz, inzwischen dürfte sich der Vater, wenn er mal wieder den Fernseher anstellt, fragen: Nanu, wo steckt der Bub?

Denn längst ist der Virologe vereinnahmt als Merkels Drosten, auch wenn die Kanzlerin ihn nach Gutdünken interpretiert. Das tut auch die Journaille, wodurch sich wiederum der Professor veranlasst fühlt, immer öfter zu rufen, er werde falsch zitiert. Schlau organisiert der Staatsfunk einen Drosten-Corona-Podcast, so dass er nicht mehr falsch verstanden werden kann. Den Mann lassen sie nicht mehr los.

Wer heute Corona sagt, muss auch Drosten sagen. Er ist bekannt wie der Professor aus der Schwarzwaldklinik für seine Operationen am offenen Herzen. Wenn es nach Drosten geht, bleibt es noch eine ganze Weile so: „Ob es jetzt eine zweite Welle, wie es von mir verkürzt dargestellt wurde, oder ein Zunehmen der Infektionszahlen auf ein nicht mehr erträgliches Maß ist: Wir müssen mit sowas jetzt leider rechnen.“ Mit solchen seherischen Fähigkeiten, vorgetragen mit sanftem Augenaufschlag unter lockigem Haar, kann Drosten der Merkel-Umlaufbahn nicht mehr entkommen.

Die Merkelianer erdrücken den Professor mit Lobgesängen und Lorbeerkränzen. Sein Podcast „Das Coronavirus-Update“ wurde sofort für einen Grimme-Preis nominiert, den von Böhmermann bis Hayali alle, die gegen Rechts und Ordnung singen, bekommen, wie zuletzt auch Youtuber Reto für sein Gaga-Video „Die Zerstörung der CDU“ oder ein gewisser Restle für die Rotlicht-Bestrahlung „Monitor“.

Außerdem verleiht die Deutsche Forschungsgemeinschaft Drosten für seine „außerordentlichen Leistungen für Wissenschaft und Gesellschaft angesichts einer dramatischen Pandemieentwicklung“ einen extra für ihn geschaffenen Preis, der mit 50.000 Euro dotiert ist. 50.000 dafür, dass ein Virologe seinen Job macht?

Nein. Es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Professor Christian Drosten nun endgültig aufgenommen ist in den Kreis systemrelevanter TV-Schwätzer, und er – unbesehen seiner fachlichen Meriten – für alle Zeiten neben den Sascha Lobos, Jakob Augsteins und Professor Quaks der Republik das Merkelsche Narrativ der Alternativlosigkeit als Super-Spreader verbreiten muss.

Eigentlich schade um den durchaus sympathischen Mann, der nun wohl auch auf dem nächsten Bundespresseball mittanzen muss. Und natürlich ist ihm der Bambi (wenn es den noch gibt) sicher, so sicher wie das Kreuz um den Hals früher zu einem Bischof gehörte – bevor solche Vertreter wie Karldinal Marx und Bedford-Engels diesen Job ausübten.

 

Der Umfaller?

Spät am Abend, wenn die meisten Leser schlafen gehen, am Sonntag um 22.24 Uhr, veröffentlichte Bild-Chef Julian Reichelt einen Kommentar mit der Zeile über einem Merkel-Bild: „Schluss mit Starrsinn in der Corona-Politik.“

Im Text fasst er zusammen, was in alternativen Medien schon lange mit ähnlichen Worten nachzulesen ist.
*Dass „nahezu alle Experten, denen wir uns in dieser Krise anvertrauen (müssen), mit nahezu jeder Einschätzung so falsch lagen, dass unser Glauben an sie sich nur noch mit Verzweiflung erklären lässt“.
*Dass „unsere Wirtschaft schon jetzt so massiv und teilweise irreparabel geschädigt ist, dass unsere Regierung sich kaum noch erlauben kann, zuzugeben, in ihrer Schärfe überzogen zu haben“.

Dann klingt Reichelt, als habe er die letzten Jahre woanders gelebt, würde sich aber an seine Schulzeit erinnern: „Das Einzige, was in der Demokratie alternativlos ist, ist die Debatte.“

Es ist nicht die (zu) späte Erkenntnis, dass Merkels Alternativlosigkeit (übrigens seit 2015) erheblichen Schaden für Staat und Gesellschaft verursacht, die verblüfft, sondern dass der Text in der merkeltreuen Bild steht (außerdem bei achgut).

Ältere erinnern sich noch an einen Bild-Titel mit einem quer über dem Blatt liegenden Helmut Kohl, worüber der damalige Chef Hans-Hermann Tiedje die Worte legte: „Der Umfaller.“ Es war der Anfang vom Ende des alternativlosen Kohls. Ohne Glotze und Bild ist schlecht regieren, wusste auch Gerhard Schröder.

Eine Kommentar-Taube macht noch keinen Sommer. Aber vielleicht ahnt Reichelt, dass wenn in drei, vier Jahren, „viele Restaurants für immer geschlossen haben, aber die Suppenküchen geöffnet sind“ (Reichelts düsteres Zukunftsbild), seine Leser auch kein Geld mehr für Bild haben dürften.

 

8 comments

  1. Krufi 27 April, 2020 at 20:33 Antworten

    Ach Herr Paetow, Sie glauben doch im Ernst nicht, dass so ein Kommentar Folgen hat. Sie schreiben doch selbst, dass eine Kommentar-Taube noch keinen Sommer macht. Übrigens, der Begriff „Kommentar-Taube“ gefällt mir. Für mich wirkt so ein Kommentar wie eine „Aufbauspritze zum Widerstand“, allerdings ist die Dosis mit Globuli vergleichbar. Medizinische Wirkung gleich null. Es wird sich nichts ändern. In 2 Wochen schreibt die Bild, dass eine fünfte Amtszeit von der Kanzlerin alternativlos ist, weil sie als Steuerfrau den leckgeschlagenen Supertanker Deutschland sicher durch die Corona-Krise führte. In alternativen Medien kann man in Interviews mit Ärzten und anderen Fachleuten seit einiger Zeit hören, dass die Pandemie vorbei ist, und Covid-19 eine ganz normale Grippe war. Aber das sind Verschwörungstheorien.

    „Aber vielleicht ahnt Reichelt, dass wenn in drei, vier Jahren, „viele Restaurants für immer geschlossen haben, …“ in drei, vier Jahren???? Das Restaurantsterben beginnt mit Sicherheit schon im Jahr 2020!

    • Ostfale 28 April, 2020 at 14:42 Antworten

      “…………viele Restaurants für immer geschlossen haben, …“ in drei, vier Jahren???? Das Restaurantsterben beginnt mit Sicherheit schon im Jahr 2020!”
      Und die Suppenküchen – sie nennen sich heutzutage schickerweise ‘Tafeln’ – haben im Merkelland schon seit Jahren steigende Gästezahlen.

  2. Tobi K. 27 April, 2020 at 22:07 Antworten

    Reichelt von der Blöd-Zeitung lehnt sich doch nicht ohne Eigennutz soweit aus dem Fenster. Ich würde das eher als Drohung in Richtung Merkel-Regierung so verstehen: “Subventioniert uns endlich mit genügend Steuergeld, bevor wir mangels Kohle ganz eingehen. Dann schreiben wir auch nichts Böses mehr und haben die Regierung wieder lieb.” Reichelt ist doch der größte Heuchler vor dem Herrn. Dem gehts doch gut am Merkel-Springer-Rockzipfel.

  3. W. Nischel 28 April, 2020 at 09:34 Antworten

    Tja, Herr Paetow, Sie werden bestimmt keinen Grimme-Preis bekommen, dafür sind Sie VIEL zu gut und VIEL zu merkelkritisch. Wer diesen Preis mittlerweile alles bekommt, spottet wirklich jeder Beschreibung. Und wenn einer schon alle Preise bekommen hat, werden extra welche für ihn erfunden. Das ist doch einfach nur noch irre. Wir leben in einem komplett irre gewordenen Land. Es ist aus meiner Sicht schon ein Qualitätsmerkmal, wenn man keinen dieser Mainstream-Preise erhält.
    Zum netten und sympathischen Herrn Professor Drosten, der nun im Netz der unersättlichen Agitations- und Propaganda-Spinne zappelt, gibt es übrigens ein lustiges Video vom 5.April, das die gGANZE Wahrheit über ihn zeigt, siehe: https://www.youtube.com/watch?v=HzaQx0wblZI (Tipp von Danisch).

    P.S. Ein wenig erinnert mich Herr Drosten an Muttis netten Herrn Löw. Aber mit dem lässt sich ja im Moment keine Propaganda machen. Alles ausgefallen wg. C….. 🙂

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